Wer immer dachte, SEGA wäre zügellos in der Veröffentlichung neuer Hardware-Revisionen und Erweiterungen gewesen, der hat vermutlich noch nie etwas von der PC-Engine gehört. Diese 8 Bit-Konsole entstand in Zusammenarbeit zwischen NEC und Hudson Soft und feierte ganz besonders in Japan enorme Erfolge. Und da die technikbegeisterten Japaner weitaus weniger Probleme damit haben, ihr Geld in Zusatzhardware zu stecken, gelang NEC/Hudson mit der Veröffentlichung der ersten CD-ROM Eweiterung für eine Konsole überhaupt, ein phänomenaler Erfolg. Aber schön der Reihe nach, denn im Bereich der PC-Engine wird alles schnell ein wenig unübersichtlich. Ingesamt erschienen auf Hu-Card und CD etwa 700 Spiele für das System, die allermeisten davon nur in Japan. Einen besonderen Stellenwert hat die Konsole heute für Fans klassischer 2D-Shooter, da ein überdurchnittlich großer Anteil sehr guter Arcade-Umsetzungen für die PC-Engine erschien. Wir stellen euch daher hier im Folgenden die wichtigsten Hardware-Komponenten vor und wollen etwas Hilfestellung dabei geben, welches System ihr euch bei welchen Ansprüchen zulegen solltet.
Die Grundsysteme:
Zunächst einmal haben wir hier das Grundmodel. Die weiße PC-Engine, wie sie in Japan zur Hochzeit des NES auf den Markt kam. Die oben angesprochenen 8 Bit beziehen sich dabei auf die mit flotten 7,16 MHz getaktete CPU. Tatsächlich ist die PC-Engine eine Art Hybrid, denn der Grafik-Chip hat eine Bandbreite von 16-Bit. Natürlich haben die Bit-Angaben wenig mit dem zu tun, was man letztendlich auf dem Bildschirm sieht (man denke nur an den Atari Jaguar). Dadurch jedoch, dass die PC-Engine eine durchdachte und leistungsstarke System-Architektur hatte, war sie für viele Entwickler attraktiv und wurde in Japan ein phänomenaler Erfolg. Nicht zuletzt auch, weil später sehr viele Games das CD-Format nutzten. Hierzu aber unten mehr. Die PC-Engine ist eine ausgesprochen kleine, kompakte Konsole, kaum größer als eine CD-Hülle und bieten neben einem Antennenausgang (RF) nur einen Controller-Port. Man benötigt also, auch wenn man nur zu zweit spielen will, einen Multiplayer-Adapter. Die Spiele für das Grundsystem kamen nicht auf klobigen Modulen, sondern auf kleinen sog. HU-Cards, die kaum größer, bzw. dicker waren als eine Kreditkarte. Auf der Rückseite der PC-Engine existiert ein Erweiterungsport, der zum einen vom CD-Rom2 System genutzt wurde (siehe unten), zum anderen konnte man das sog. TurboBooster+ anschließen, welches neben einer Speichermöglichkeit auch AV-Anschlüsse zur Verfügung stellte. Mittels entsprechendem Umbau läßt sich hier auch ein RGB-Signal abgreifen. Das ist vor allem deshalb wichtig, da die meisten europäischen TV-Geräte mit dem Antennensignal der PC-Engine nicht viel dürften anfangen können.
Wer sich von vornherein absolut sicher ist, dass er nur an den HU-Card Games interessiert ist oder anfangs nicht mehr als nötig für einen Einblick in die Welt der PC-Engine ausgeben möchte, der ist neben der originalen PC-Engine (oben) mit dem CoreGrafx wohl am besten beraten. Neben der optischen Überarbeitung zeichnet sich diese Version vor allem durch einen Composite AV-Ausgang aus. Dies erleichtert den Anschluss an einen 60 Hz-tauglichen TV ohne Umbau. Alle Zusatz-Hardware wie Controller, CD-ROM2 und TurboBooster+ sind zu diesem Modell kompatibel. Es gab noch eine weitere Überarbeitung namens CoreGrafxII, die jedoch nur kosmetischer Natur war.
Die US-Version:
Hier sieht man die US-Version der PC-Engine. Es handelt sich dabei um absolut identische Hardware. Allerdings steckte man die kompakte Hardware in ein völlig neues Gehäuse (in welchem jetzt viel Luft ist), da man wohl meinte, für den US-Release etwas klotzen zu müssen. Während man heute versucht immer kleiner zu bauen, galt damals eher der Grundsatz "größer = stärker". Man änderte auch den Namen vollständig in TurboGrafx16, was natürlich auf den Video-Chip bezogen war und womit man sich von der Konkurrenz abheben wollte. Der Controller-Port wurde verändert, so dass PC-Engine-Pads (und die sämtlicher anderen Versionen, inkl. die der TurboDuo!) nicht damit kompatibel sind. Ärgerlicherweise entschied man sich auch dazu, die Pin-Belegung der HU-Cards für den US-Markt zu ändern. Dadurch sind japanische HU-Cards nicht auf dem System abspielbar, genauso wenig wie umgekehrt. Es gab Adapterlösungen, die aufgrund des Platzbedarfs jedoch sehr unschön aussahen. Eine andere Möglichkeit ist ein Umbau, mit dem man die Pin-Belegung umschalten kann. Leider müssen hierbei immerhin 8 Pins in ihrer Anordnung vertauscht/umgeschaltet werden, was den Umbau recht aufwändig macht. Auch wenn das TurboGrafx16 in den USA kein großer Erfolg wurde, erschienen dort doch immerhin an die hundert Spiele. Die Auswahl ist dennoch deutlich geringer als in Japan und nur für wenige textlastige Spiele wie Neutopia ist die Möglichkeit US-Cards abspielen zu können nötig. Wer kein zusätzliches Geld in einen Umbau oder Adapter stecken möchte, der wird mit der japanischen PC-Engine insgesamt zufriedener sein. Diese ist bei Bedarf natürlich auch auf US-Spiele modifizierbar.
Die PAL-Version:
Trotz des schwachen Erfolgs in den USA erschien sogar in Europa eine kleine Auflage des TurboGrafx. Diese PAL-Version findet man heute noch häufig auf ebay und es kann nur davon abgeraten werden, sie zu erwerben. Da niemals PAL-Spiele erschienen sind, spielt dieses Modell nur US HU-Cards ab. Diese jedoch nur in 50 Hz, was bedeutet, dass alle Spiele auf dem PAL-System langsamer laufen als im Original. Die PAL-Version hat einen Composite AV-Ausgang spendiert bekommen, ansonsten hat sie die gleiche Bauform wie das US Turbografx16, nur wurde die Farbe von Schwarz zu Grau geändert und die Zahl "16" nach dem TurboGrafx-Schriftzug gestrichen.
Die CD-Erweiterungen:
Das CD-ROM2 war die erste CD-Erweiterung für eine Konsole überhaupt. Im Gegensatz zu den HU-Cards kannte das CD-System keine Regional-Sperre. Achten muss man allenfalls darauf, die passende System-Card für sein Grundgerät zu haben. Es handelt sich dabei im Prinzip um eine Speichererweiterung, die auch das CD-BIOS enthält. Hat man also eine (jap.) PC-Engine, braucht man eine japanische System-Card, da diese wie ein Spiel in den Kartenschacht eingeschoben wird. Ist die PC-Engine hingegen für US-Spiele modifiziert, kann man auch zu einer US-System-Card greifen. Die Region des CD-Laufwerks spielt keine Rolle. Man sollte in jedem Falle zur System Card 3.0 greifen, da nur diese auch die grafisch deutlich besseren Super CD-ROM2-Games abspielt, welche immerhin etwa die Hälfte aller CD-Titel ausmachen. Die System-Card 2.0 hingegen erlaubt nur das Starten normaler CD-ROM2-Games, welche in den Anfangsjahren erschienen sind. Daneben existierten ausschließlich in Japan noch weitere RAM-Erweiterungen wie z.B. die Arcade-Card oder die Game-Express-Card, für die jedoch jeweils nur eine Handvoll Spiele erschienen sind. Auch wenn sich hierunter ein paar wirklich gute Titel befinden, will die Anschaffung überlegt sein, da zumindest erstere Card mit derzeit (2016) etwa 70 Euro recht teuer ist.
Insgesamt kann man von den CD-Erweiterungen jedoch nur abraten. Die japanische CD-Erweiterung (siehe Bild) sieht zwar im Gegensatz zur US-Version noch relativ schick aus, man benötigt neben dem CD-System jedoch auch noch das Interface, in das PC-Engine und CD-ROM2 eingesteckt werden, sowie eine System Card 3.0. Das wäre insgesamt noch nicht so tragisch. Allerdings gibt es bei den CD-Erweiterungen extrem hohe Ausfallraten. Das ist natürlich einerseits dem hohen Alter von inzwischen knapp 30 Jahren geschuldet, andererseits wurden seinerzeit auch nicht unbedingt die hochwertigsten Komponenten verbaut. Verschleißteile, wie Kondensatoren, porös gewordene Zahnräder der Lasereinheit, usw. Wer Zugang zu (fast) der gesamten PC-Engine-Bibliothek an Spielen sucht, der sollte zu einem der Kombi-Systeme unten greifen, die sich durch längere Haltbarkeit auszeichnen und unterm Strich nicht mehr kosten. Lediglich SuperGrafx-Spiele sind dem namensgleichen System vorbehalten. Da hiervon jedoch nur sieben Stück erschienen sind, ist das u.U. zu verschmerzen.
Die Kombi-Systeme:
Nach Erscheinen der CD-ROM-Erweiterung brachte NEC auch verschiedene Kombi-Systeme auf den Markt, die das Laufwerk gleich mit verbaut hatten. Neben besseren Video- und Audio-Ausgängen hatte man somit auch gleich eine Speicherfunktion für die HU-Cards an Bord. Die Super System-Card 3.0 ist hier direkt in der Konsole verbaut, wodurch der HU-Card-Slot stets frei bleibt. Zunächst brachte man die PC-Engine Duo in Japan und das baugleiche System in den USA als Turbo Duo auf den Markt. Wer sich eines der beiden zulegen möchte, muss damit rechnen, dass die Kondensatoren auf dem Board über kurz oder lang getauscht werden müssen. Ein durchaus aufwändiger Prozess, der sich jedoch lohnt. Noch etwas haltbarer und weniger anfällig waren hingegen die nur in Japan erschienenen PC-Engine Duo R (Bild links) und PC-Engine Duo RX. Wobei sich die RX-Version lediglich durch einen 6-Button Controller auszeichnet. Auch die Kombi-Systeme können auf RGB und für US-HU-Cards umgebaut werden.
Tragbare Systeme:
Aufgrund der sehr kompakten Bauweise, sowohl des Grundsystems als auch der HU-Cards, war es seinerzeit möglich einen Handheld zu bauen, der die gleiche Hardware wie das Heimsystem bot und auch die gleichen Spiele annahm. Diese sog. PC-Engine GT wurde in den USA als Turbo-Express verkauft und ähnelt in ihrer Form dem klassischen GameBoy, bot jedoch ein Farb-Display. Weiterhin wurde mit der PC-Engine LT eine Version mit aufklappbarem LCD-Monitor verkauft, die wie ein (sehr) großer GameBoy Advance SP anmutet. Sie ist zwar sehr portabel, aber mangels Batterie-Unterstützung immer auf eine externe Stromquelle angewiesen. Aufgrund geringer Stückzahlen sind die Preise heutzutage aber fast nicht bezahlbar. Inwieweit die um einiges günstigere PC-Engine GT heute noch Spielspaß bereiten kann, hängt wohl sehr stark von der Begeisterungsfähigkeit des Spielers ab. Der für damalige Verhältnisse hervorragende (hintergrundbeleuchtete) LCD-Screen kommt nicht annähernd an das heran, was man heute auch vom allerbilligsten Handy-Display her gewohnt ist. Erschwerend hinzu kommt, dass die Spiele natürlich nicht an den kleinen Bildschirm angepasst wurden, da es sich ja um die regulären Heimversionen handelt. Insbesondere Textboxen in Adventures und Rollenspielen sind daher oft kaum bis gar nicht lesbar.
Während die CD-Spiele auf jedem System laufen, sieht es bei den HU-Cards anders aus. Wenn man sich ein japanisches Gerät zulegt - und das ist nur zu empfehlen - aber dennoch die Möglichkeit möchte, US-Spiele abzuspielen, besteht die eleganteste Möglichkeit in einem Umbau. Import-Adapter sind schwer zu bekommen, sehen unschön aus und funktionieren oft nicht wie gewollt.
Einen Kopierschutz haben die CD-Spiele nicht, da sie einige Jahre vor den ersten CD-Brennern auf den Markt kamen, womit sich ein Kopierschutz erübrigte.